Es war fünf vor zwölf

Jetzt kommen wir zum mächtigsten Landtier des Kontinents, dem Wisent. Unglaubliche drei Meter lang und fast zwei Meter hoch wird dieses urige Rind. Bullen können ein Gewicht von einer Tonne erreichen. Typischerweise tragen Wisente den riesigen Kopf tief gesenkt. Nicht zu verwechseln ist das Wisent mit dem nah verwandten Bison. Der nordamerikanische Vetter wirkt noch gewaltiger, ist in Wirklichkeit aber etwas niedriger gebaut. Auch mit dem zweiten europäischen Wildrind, dem längst ausgerotteten Auerochsen, wurde das Wisent schon immer gerne durcheinander gewürfelt.

Während des Sommerhalbjahrs treten Wisente in kleineren Verbänden auf, die sich im Winter wiederum zu Herden vereinigen. Außerhalb der herbstlichen Fortpflanzungszeit gehen sich die Geschlechter dabei strikt aus dem Wege. Erwarten Kühe ein Kalb, sondern sie sich ab und kehren nach einigen Tagen zur Gruppe zurück. Das Junge zeigt zwar schon ab der dritten Woche Interesse an fester Nahrung, wird aber trotzdem bis zu einem Jahr lang gesäugt.

Wisente bevorzugen als Lebensraum urtümliche Waldlandschaften. Rodung und Bejagung führten dazu, dass die Art im ausgehenden Mittelalter fast überall verschwunden war. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts existierten nur noch Restbestände in Bialowieza (Polen) und im Kaukasus. In den 1920er Jahren erloschen auch diese letzten Vorkommen.

Es war fünf vor zwölf, als sich 1923 in Frankfurt die „Gesellschaft zur Rettung des Wisents“ gründete. In ganz Europa hielt man Ausschau nach Gehegetieren, mit denen eventuell eine Erhaltungszucht möglich wäre. Man fand 57 Tiere, wovon jedoch nur ein gutes Dutzend zur Zucht taugte. Nichtsdestotrotz gibt es heute wieder rund 3.000 Wisente. Auch in freier Natur zieht Europas Wildrind wieder seine Bahnen, nämlich in Polen, Litauen, Weißrussland, in der Ukraine und auch im Kaukasus. In Deutschland ist außerhalb von Gehegen leider kein Platz mehr für solch ein großes Tier.


Schon gewusst?

Aufgrund der schmalen genetischen Basis sind die heutigen Wisente recht anfällig für Krankheiten und Parasiten. Um aus dem vorhandenen Bestand das Beste herauszuholen, wird er international koordiniert. So gibt auch der Wildpark regelmäßig Daten über seine Wisente an den Zuchtbuchführer nach Polen weiter. Alle in Pforzheim geborenen Kälber erhalten Namen, die mit „PF“ beginnen, wie z.B. „Pfanne“, „Pfläumchen“ oder „Pfiffi“.