Der Puls des Nordens

Kein anderes Tier ist im Dezember so allgegenwärtig in Schaufenstern oder auf Weihnachtsartikeln vertreten wie Rentiere. Der Sage nach ziehen sie den Schlitten des Weihnachtsmannes, denn Autos oder Pferde sind nicht in der Lage, sich durch den Schnee des hohen Nordens zu pflügen.

Skelette sowie steinzeitliche Höhlenzeichnungen zeugen davon, dass bis vor wenigen tausend Jahren auch in Mitteleuropa Rentiere vorkamen. Heute leben sie in den Tundren Skandinaviens, Grönlands, Sibiriens und Nordamerikas (in Amerika gaben ihnen die Indianer den Namen „Karibu“).
Im Sommer bietet die Tundra ein unendliches Nahrungsangebot. Nur vor den Mückenschwärmen müssen sich die Rentiere manchmal auf Schneefelder retten. Dem arktischen Winter weichen sie hingegen großräumig aus. Herden aus tausenden Tieren sind dann unterwegs zu den schützenden Nadelwäldern. Bis 5.000 km werden dabei jährlich zurückgelegt. Auch im Wildpark Pforzheim wandern die Rentiere zur Herbstzeit rastlos umher.

Rentierbullen tragen ein enorm großes Geweih. Anders als bei unserem Rothirsch ist dieses völlig asymmetrisch gebildet. Ein weiterer Unterschied zu allen anderen Hirscharten ist die Tatsache, dass auch die weiblichen Tiere ein Geweih besitzen. Sie werfen es im Frühjahr ab – die Männchen dagegen im Herbst. Typisch für Rentiere ist ferner das klackernde Geräusch beim Gehen. Sie spreizen die Hufe, um möglichst wenig in den Schnee einzusinken. Dabei rutscht während jeden Schrittes geräuschvoll eine Sehne über das Fußgelenk. Rentiere besitzen im Winter ein langes und eher helles Haarkleid. Auch das dunklere Sommerfell ist noch so dicht, dass sich die Tiere im Wildpark an heißen Tagen zur Abkühlung gerne mit dem Wasserstrahl abspritzen lassen.

Skandinavien-Urlauber müssen mitunter ihre Fahrt unterbrechen, wenn eine Gruppe Rentiere es sich auf der Straße bequem gemacht hat und partout nicht zu vertreiben ist. Unter anderem wegen dieser Zutraulichkeit wurden Rentiere als einzige Hirschart im großen Stil zu Haustieren gezüchtet. Naturvölker in Lappland und Sibirien spannen sie vor den Schlitten und nutzen von ihnen Fleisch, Fell und Milch; Knochen und Geweihe dienen der Herstellung von Werkzeugen. Bei den niedrigen Temperaturen in diesen Gegenden könnten andere Nutztiere gar nicht gedeihen. Allerdings muss sich der Mensch an den Wandertrieb der Tiere anpassen und ihnen ebenfalls nomadisch hinterher ziehen.

Schon gewusst?
Rentiere ernähren sich von verschiedenen Gräsern und Kräutern, doch sind sie besonders auf die sogenannte Rentierflechte spezialisiert. Sie scharren mit den Vorderhufen sogar den Schnee beiseite, um an ihre Leibspeise zu gelangen. Der Wildpark Pforzheim scheut weder Mühen noch Kosten und importiert diesen Futterstoff eigens aus Skandinavien.