Immer auf dem Sprung

Mag es vom Namen her noch so populär sein, Rehwild ist die große Unbekannte in unserer heimischen Natur. Oft verbindet man mit ihm grundsätzlich ein weibliches oder junges Tier. Gerne werden auch alle gepunkteten Wildarten aus der Hirschfamilie als Reh angesehen. Mit dieser Unwissenheit soll nun Schluss sein! Als einziger baden-württembergischer Tiergarten präsentiert der Wildpark Pforzheim diese schwierig zu haltende Art. Etwas Beobachtungsgabe ist allerdings gefordert, denn anders als alle anderen Tiere verliert Rehwild im Gehege nie seine sprichwörtliche Scheuheit.

Das Reh ist eine Hirschart. Im Vergleich etwa zum Rotwild zeigt es jedoch zahlreiche geradezu gegensätzliche Eigenschaften und Verhaltensweisen. So wird z.B. das Geweih im Herbst abgeworfen, da das neue bereits zur Paarungszeit im Juli fertig sein muss. Ein wichtiger Unterschied ist auch die Tatsache, dass Rehe Reviere bilden. Und schließlich frisst ein Reh anders als das Rotwild keine großen Mengen Gras. Es braucht energiereichere Nahrung. Dazu streift es umher und wählt von verschiedenen Pflanzen nur die besten Blätter aus.

Rehe sind jederzeit vor Gefahren auf der Hut. Sie sind keine ausdauernden Läufer, sondern verbergen sich nach kurzer Zeit im Gebüsch. Über den Winter vereinigen sich mehrere Tiere zu sogenannten Sprüngen. Dann leben sie nicht ganz so heimlich. Wenn sich im Frühjahr der Nachwuchs einstellt und im Sommer die Territorien ausgefochten werden, verwandeln sich die Rehe wieder zu unverträglichen und vorsichtigen Nervenbündeln. Es ist eigentlich ein Wunder, dass diese Tiere sich so gut mit der menschengemachten Umwelt arrangieren können.

Nach dem Verschwinden von Luchs, Wolf und Braunbär haben erwachsene Rehe bei uns keinen natürlichen Gegenspieler mehr. Daher muss heutzutage der Jäger diese Funktion übernehmen. Andernfalls gäbe es bald so viele Rehe in unseren Wäldern, dass kein Bäumchen mehr unbehelligt in die Höhe wachsen könnte. In Deutschland erlegen Jäger und Förster rund eine Million Rehe im Jahr.


Schon gewusst?

Rehjunge (Kitze) suchen sich nach der Geburt ein Versteck aus, in dem sie zunächst für mindestens eine Woche liegen bleiben. Die Mutter (Geiß oder Ricke) kommt nur einige Male am Tag zum Säugen vorbei. Leider werden die vermeintlich verwaisten Kitze in dieser Phase manchmal von besorgten Menschen aufgenommen. Das bedeutet zumeist das Todesurteil.